Das Flüstern der Sterne

Sternenklar
der Himmel
ein endloses Lichtermeer
Sternschnuppen auf der Reise
Wünsche

Das Flüstern der Sterne

Die Nacht war rabenschwarz und bitterkalt. Der kleine strahlende Stern rückte dicht an den alten Stern, dessen Licht infolge seines Alters bereits getrübt war. „Lieber Stern, wie geht es dir heute Nacht?“

„Wie zauberhaft von dir, dass du fragst, aber meine Leuchtkraft lässt von Nacht zu Nacht mehr nach. Erzähl mir, was es heute Besonderes auf der Welt gab. Ich muss zugeben, dass ich heute immer mal wieder eingeschlafen bin. Hoffentlich habe ich nichts verpasst?“

„Die Menschen in meiner Sphäre waren heute wie ausgewechselt. So habe ich sie noch nie erlebt.“

„Was meinst du damit, wie ausgewechselt?“

„Es ist bitterkalt geworden, und der Bruder Wind hat alle grauen Wolken weggepustet. Schwester Sonne war daher heute reichlich übermütig. Sie schickte ihre Strahlen so zahlreich auf die Erde, dass die Menschen, wie aus einem langen Winterschlaf erwachend, vor Energie nur so strotzten.“

„Das verstehe ich sehr gut,“ antwortete der alte Stern. „Weißt du, die Menschen hatten mal wieder einen richtigen Wintertag. Das sind sie nicht mehr gewöhnt. Und viele, die so jung sind wie du, kennen das gar nicht mehr. Ich kann mich noch gut an die langen schneereichen Winter erinnern, in denen die Menschen, warm eingepackt, gemeinsam an ihren Kohleöfen saßen und sich das Leben so angenehm wie möglich machten.“

„Stimmt“, antwortete der junge Stern nachdenklich, „es hat die ganze letzte Nacht und den ganzen heutigen Tag über geschneit. So viel Schnee auf einmal habe ich noch nie gesehen.“

Wie haben die Menschen denn diesen Tag erlebt?“, fragte der alte Stern, ein wenig ungeduldig.

„Sie haben gelacht, ihre Gesichter waren nach langer Zeit mal so wieder richtig freundlich, als hätten sie ein lang erwartetes Geschenk bekommen. Nicht so wie in den vergangenen Wochen, als der Himmel dauernd voller Wolken war und es stunden- und tagelang nur geregnet hat. Kinder haben kleine Schneebälle geformt und sich gegenseitig zugeworfen und manche haben große Kugeln gerollt und eine Art Schneemann daraus gebaut.“

„Das haben sie der Schwester Sonne zu verdanken. Ihr Leuchten und ihre Wärme sind der Quell allen Lebens.“

Mit diesen Worten legte der alte Stern sein Haupt zufrieden auf die Seite und schlief ein. Seine Mission war zu Ende.

© G. Bessen

 

 

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Über Anna-Lena

Lehrerin im Un-Ruhestand, mit vielen Hobbys, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Ich lese viel, schreibe gern selber und fotografiere, was mir vor die Linse kommt.
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8 Antworten zu Das Flüstern der Sterne

  1. Annuschka schreibt:

    Was für eine schöne Geschichte. Und sie erinnert daran, dass es oft die unbezahlbaren und unverfügbaren „Kleinigkeiten“ sind, die uns Menschen froh und glücklich machen.
    Liebe Grüße, Anja

    Gefällt 2 Personen

  2. Helmut Maier schreibt:

    Ich beziehe meinen Satz nur auf dein Elfchen: Wünsche mit all dem, was davor steht: ein grandioses Stück!

    Liebe Grüße
    Helmut

    PS: Verzeihung: Ich fand keine Ruhe, den Text ganz durchzulesen

    Gefällt 1 Person

  3. Eine wunderfeine Sternengeschichte, liebe Anna-Lena!

    Ganz herzlich, Bruni

    Gefällt 1 Person

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