Stolpersteine

Stolpersteine

Der heutige 9. November ist ein Tag in der deutschen Geschichte, an dem sich mehrere Ereignisse immer wieder in unser Bewusstsein drängen: der Anfang der ersten Deutschen Republik, die Pogromnacht 1938 und der Fall der Berliner Mauer 1989.

Ein deutscher Künstler namens Gunter Demnig erinnert seit 1992 an die Opfer des Nazi-Regimes. Dazu mauert er in Orten, in denen die Opfer zuletzt gewohnt haben, sogenannte STOLPERSTEINE, Gedenktafeln aus Messing ein, die an die Menschen erinnern sollen. So hält er die Erinnerung an mittlerweile tausende Menschen lebendig, die die Verbrechen des Nazi-Regimes nicht überleben konnten. Ich finde dieses Projekt eine gelungene Form der Menschlichkeit und des Sich-Erinnerns.

Umso unverständlicher ist mir, wie Menschen auf die perverse Idee kommen, solche Mauersteine zu stehlen, wie es schon mehrfach geschehen ist. Mich packt das blanke Entsetzen, so etwas lesen zu müssen, ebenso wie Gräberschändungen von Mitbürgern jeder Herkunft und Kultur. Reicht es nicht, dass wir tagtäglich Zeugen von Gewalt und Ausländerhass werden, ohnmächtig zuschauen müssen, wenn Menschen zu Tode geprügelt werden? Wie rechtsradikales Gedankengut sich wie eine bedrohliche Welle immer mehr bei uns, ja, sogar weltweit, ausbreitet?

Dass die Lebenden nicht respektiert werden, ist eine Ungeheuerlichkeit, dass das Gedenken an die Toten und ihre tragische Lebensgeschichte so besudelt wird, ist eine Respektlosigkeit, die ihresgleichen sucht.

Die Stadt meines damaligen Brötchengebers, zu der auch die bekannte Gedenkstätte Sachsenhausen gehört, schloss sich bereits 2005 dem Projekt von Gunter Demnis an. Schüler eines Gymnasiums haben das Projekt begeistert angenommen. Meine ehemalige Schule hat sich vor vielen Jahren den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erworben. Diesem Beispiel sind viele andere Schulen bereits gefolgt.

Junge Menschen sind bereit, sich gegen rechte Einflüsse zu wehren und nicht unreflektiert fremdenfeindliche Parolen nachzuäffen, wenn sie entsprechend sensibilisiert und herangeführt werden, dass die Verbrechen unsere Geschichte sich nicht wiederholen dürfen. Und an uns Älteren liegt es, sie auf diesen Weg zu führen.

Wir schimpfen viel auf unser Land, in dem leider vieles nicht so ist, wie es nach unserer Meinung sein sollte. Derzeitige Wahlergebnisse, Unstimmigkeiten und Machtmissbrauch sprechen eine eindeutige Sprache.

Und trotzdem – die meisten von uns haben den Zweiten Weltkrieg nicht miterlebt. Und wir sollten dankbar sein, in einer Zeit des Friedens, einer Zeit ohne Krieg im eigenen Land groß geworden zu sein und leben zu dürfen.

Text: G. Bessen, Fotos: pixabay

 

Die Reichspogromnacht

Reichspogromnacht

80 Jahre sind seit dieser Nacht vergangen,
aber im Verborgenen lauert der Hass und
wartet …

Nacht der Zerstörung und grausamer
Schrecken, die machtvoll uralte Ängste
wecken

Krachendes Glas und splitternde Scherben
Zerschlagende Stöcke
Zerstörender Hass eilt durch Straßen und
Gassen.  Angstvolle Schreie im Klirren
zerspringender Fensterscheiben und
überall Menschen, die leiden

Gewalt trägt Entsetzen
Mordende Fratzen, zerstörte Gesichter
Geschürter Hass, wohl organisiert
explodiert in der Nacht, die über zu
viele Menschen Schrecken und Not
gebracht

Die Maske der Wut tobt mit Genuss,
findet kein Ende bis alles brennt
I m   g a n z e n   L a n d   i s t
G e w a l t   e n t h e m m t

Selten nur Mitleid, Hilfe tät Not, doch
in dieser Nacht lag beides tot
Es siegte die Gier, Hass wurde poliert
und Courage erstickte im Qalm von
Q u a l e n

Nie werde ich mit meinem Menschsein
prahlen

Ich gedenke in Demut, meine Gedanken
erzittern, splittern in Scherben und
Tränen rinnen, weil viel zu viele am
Gewaltpotential stricken

Fanatischer Hass an allen Orten
Terror mordet, zerschlägt und zerstört,
zündet in maßloser Wut menschen-
wichtiges Hab und Gut

Entsetzen und Scham erfüllen mein Herz

Freitag, der 9. November 2018

Gewalt exisitiert bevor sie passiert!

Ich verabscheue Gewalt in jeder Form,
ganz egal, gegen wen und welche
Volksgruppe sie sich richtet.

2013 schrieb ich meine Worte zu
dieser Nacht zum ersten Mal auf und
heute fühle ich genau wie damals

© Bruni Kantz

Über Anna-Lena

Lehrerin im Un-Ruhestand, mit vielen Hobbys, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Ich lese viel, schreibe gern selber und fotografiere, was mir vor die Linse kommt.
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34 Antworten zu Stolpersteine

  1. Christiane schreibt:

    Recht hast du! Wir sollten, nein, müssen dankbar dafür sein, dass wir seit 1945 keinen Krieg im eigenen Land kennen, wir dürfen das nicht für selbstverständlich halten, wir dürfen es erst recht nicht aus reiner Profitgier aufs Spiel setzen – und aus irgendeiner Ideologie heraus schon gar nicht!
    Liebe Grüße
    Christiane

    Gefällt 4 Personen

  2. Beate Neufeld schreibt:

    Liebe Anna-Lena,
    deine Worte bewegen mich und ja, ich stimme in allem zu!
    Meine jüngere Tochter hat sich in ihrer Zeit auf dem Pfalz Kolleg, wo sie auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur gemacht hat, für die Stolpersteine engagiert. Sie hat mit einigen Mitschülern eine Stolperstein App erstellt, mit deren Hilfe die Stolpersteine gefunden werden können und auch Informationen dazu geliefert werden.

    Gefällt 4 Personen

  3. Werner schreibt:

    Sowas darf nie wieder in unserem Land passieren . Daher gleich diese Gesinnungen im Keim ersticken, die für solche Gräueltat verantwortlich waren.

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  4. versspielerin schreibt:

    dem ist nichts hinzuzufügen; ein wichtiger wunderbarer beitrag, danke!!
    liebe grüße
    diana

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  5. Arno von Rosen schreibt:

    Danke für dein wertvolles Gedenken, liebe Anna-Lena. Auch hier in Marburg gibt es Gedenksteine, aber der jüdische Friedhof ist immer abgeschlossen. Zu groß ist die Sorge, dass politische Blindgänger diesen entweihen könnten.

    Gefällt 3 Personen

  6. dieMondin schreibt:

    Liebe Anna-Lena, danke für diesen hervorragenden Beitrag. Ich stelle leider immer wieder fest, dass alle lieber wegschauen. Wir, als Kriegssenkel und -urenkel, kennen vieles von Erzählungen aus erster Hand. Die Generationen nach uns kennen es lediglich aus Geschichtsbüchern. Da bleibt vieles auf der Strecke.
    Komischerweise beschäftigt mich dieses Thema zurzeit intensiv.
    Rechte Gesinnung und „Fähnchen im Wind“ gibt es in allen Parteien und ganz stark auch in den großen Parteien. Inzwischen zweifle ich sogar unsere Demokratie an. Kann eine Kanzlerin Entscheidungen ohne das Volk treffen? Das „WIR“ scheint ihr unbekannt zu sein 😉
    Nachdenklich,
    die Mondin

    Gefällt 1 Person

    • Anna-Lena schreibt:

      Es geht mir ähnlich, liebe Mondin und auch ich stelle immer wieder fest, dass wir in einer ganz gefährlichen Zeit leben, nicht nur in unserem Land, auch in Europa und weltweit.

      Wir als Bloggerinnen und Blogger können den Mund auftun, neben vielen anderen Möglichkeiten, die auch die digitale Welt mit sich bringt.

      Bleiben wir am ‚Ball‘, liebe Mondin.
      Herzliche Grüße auch zu dir!

      Gefällt 2 Personen

  7. Ulli schreibt:

    Es ist so wichtig immer wieder zu erinnern, was einst gewesen ist und niemals mehr geschehen darf! Danke Anna-Lena.
    Herzliche Grüße, Ulli

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  8. herr_momo schreibt:

    Schon wichtig und gut, dass es die Stolpersteine gibt.
    Auch wenn noch viel zu wenige Menschen wissen, was sie bedeuten.

    Gefällt 1 Person

  9. Gudrun schreibt:

    In Leipzig werden heute überall Stolpersteine geputzt. Leider kann ich diesmal nicht dabei sein. Aber eine Meinung kann ich vertreten, im Haus, in Wartezimmern, in der Straßenbahn. Da überall werden einem manchmal Gespräche aufgedrängt, zu denen ich nicht schweigen kann.
    Liebe Grüße an dich.

    Gefällt 2 Personen

  10. Pingback: Stolpersteine | Anna-Lenas Lesestübchen | Red Skies over Paradise

  11. www.wortbehagen.de schreibt:

    Ein sehr guter und wichtiger Beitrag zum heutigen 9. November, liebe Anna-Lena
    Stolpersteine sind mir vor ca. einem Jahr an einer Stelle begegnet, die kaum einer beachtet.
    Sie waren schwarz vor Schmutz und es ärgerte mich sehr, weil ich die Namen und Informationen über ihr Schicksal immer sehr genau lese und mich über jeden sehr foh bin, der dieser Schrecklichkeit entkommen konnte…
    Deshalb bin ich am nächsten Tag mit Putzmitteln wieder hingefahren und habe die vier Steine gründlich von sämtlichem Schmutz gesäubert. Beobachtet haben mich viele dabei, aber gefragt, was ich da tue, hat keiner…
    http://wortbehagen.de/index.php/gedichte/2018/november/die_reichspogromnacht

    Liebe Grüße zum Abend von Bruni an Dich

    Gefällt 2 Personen

    • Anna-Lena schreibt:

      Danke, liebe Bruni, für deine Bereicherung. Ich habe deine Zeilen zu meinem Beitrag gesetzt.
      Vorbildlich ist das, was du gemacht hast und wenn es einige Menschen zum Nachdenken gebracht hat, ist das ein wichtiger Schritt.

      Danke, liebe Freundin und sei von Herzen gegrüßt,
      Anna-Lena

      Gefällt 1 Person

  12. alltagschrott.ch schreibt:

    Worte, die tief greifen, vor allem in der heutigen Zeit, in der wir beweisen müssen/ können, ob wir etwas von der Vergangenheit gelernt haben. Brunis Gedicht geht unter die Haut, packend und erschaudernd.
    Liebe Grüße. Priska

    Gefällt 2 Personen

  13. kopfundgestalt schreibt:

    Liebe Anna-Lena,
    danke für diesen Artikel. Demnächst werde ich auch einen Artikel zum Gedenken an die jüdischen Opfer veröffentlichen!

    Gefällt 1 Person

  14. suebilderblog schreibt:

    Da hast Du Recht, da haben unsere Eltern doch eine ganz andere Zeit erlebt, während wir im Wohlstand groß geworden sind.
    LG Susanne

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  15. freiedenkerin schreibt:

    Bin nur ein kleines Menschlein hier in diesem großen Land. Aber mit meinen Gedanken, Worten und Taten kann ich dazu beitragen, dass sich solche Greueltaten niemals wieder ereignen werden. ❤

    Gefällt 1 Person

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