Brief an den Tag

Lieber Tag,

seit geraumer Zeit tust du dich schwer. Morgens erscheinst du müde, mit Rheuma in den Augen, als hättest du verschlafen. Dein sonst so strahlendes Auftreten ist grau, miesepetrig und freudlos. Deine Haut ist blass, als hätte sie lange keine Sonne gesehen. Deine Haare fliegen durch die Luft und sind kaum zu bändigen. Und – was mir am meisten Sorgen macht – dein Gesicht zeigt häufig Tränen. Was ist los mit dir? Als unser lebensnotwendiger  Begleiter lässt du uns ganz schön in den Seilen hängen.

Wie sollen wir mit dem Leben klarkommen, wenn du uns so wenig Ansporn gibst?

Dein Aufenthalt bei uns verläuft derzeit zäh und freudlos. Es scheint, wenn du dein Soll erfüllt hast, machst du dich schnell und eifrig wieder aus dem Staube.

Vielleicht wird dein Dasein etwas freundlicher, wenn der Frühling an deine Tür klopft und Mutter Erde langsam aus dem Winterschlaf erwacht, dich begleitet, mit klarer trockener Luft, vorsichtigem Vogelgezwitscher und dem Leuchten der Sonne.

Bitte lass uns nicht zu lange im Winterblues und zeig dich bald wieder von einer anderen Seite.

© G. Bessen

*****

Auch meine Schreibfreundin Bruni möchte ein anderes Wetter haben.

Schmuddelwetter

Mutter Natur blickte ernst und
sehr still vor sich hin
Selbst ihr,  die alle Wetter mit
Namen kannte, wurde die Zeit
des trüben und dusteren Graus
zu viel und sie überlegte

Ihre Söhne, die stolzen Stürme
mit den teils weiblichen Namen,
die sie den Menschen ver-
dankten, hatten lange genug
ihr Vergnügen gehabt

Der Kleinste, der Blasse, den sie
Winter genannt hatte, tat sich
oft schwer. Dann fand er den
Anfang nicht, zögerte, bewegte
sich zaghaft, trat näher, zog
sich schüchtern wieder zurück,
bis ihn der Älteste, der
asthmatisch pfeifende Orkan
vor sich her schob.
So war es meist. Doch diesmal
hatte Orkan verschlafen und
war zum Nachschieben nicht da

Also blieb alles grau, trübe und
der Regen vertrieb sich die
Langeweile mit Wechselbädern

Mutter Natur ließ es unter der
Erde schon mal keimen und
treiben, schickte probeweise
die Sonne vor und drehte an den
Temperaturen
Sie war unschlüssig und fühlte
sich müde. Aber sie mußte sich
aufraffen und selbst mit ihrem
Winter reden,  denn so ging es´
auf keinen Fall weiter

Schmuddelwetter alleine macht
noch lange keinen Winter!

© Bruni Kantz

 

Über Anna-Lena

Lehrerin im Un-Ruhestand, mit vielen Hobbys, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Ich lese viel, schreibe gern selber und fotografiere, was mir vor die Linse kommt.
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53 Antworten zu Brief an den Tag

  1. finbarsgift schreibt:

    So schön, dein Text zum Tag, liebe Anna-Lena… *lächel*
    Liebe Morgengrüße vom Lu

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  2. finbarsgift schreibt:

    Ps: und Brunis Zeilen sind natürlich auch schön 🌞

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  3. karlswortbilder schreibt:

    gut gemacht, ihr zwei 🙂
    lg
    karl

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  4. Ruhrköpfe schreibt:

    Liebe Anna-Lena, vorgestern hatten wir hier 14 Grad, gestern 10. Fühlt sich im Januar seltsam an. Auf den Frühling freue ich mich trotzdem, liebe Grüße aus Do, Annette

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  5. Meinetwegen könnte auch nochmal Weihnachten sein, da leutet es so schön. 🙂

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  6. Werner schreibt:

    Besser und schöner kann man es nicht beschreiben.Fein gemacht Anna – Lena, ein schönes Wochenende wünscht dir der Werner.

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  7. versspielerin schreibt:

    dein brief ist wunderbar, liebe anna-lena, ich hoffe, er zeigt wirkung!
    vielleicht hilft es ja, wenn wir dem tag unsererseits ab und an ein lächeln schenken 😉
    auch brunis zeilen, nachdenklich, märchenhaft!
    liebe grüße an euch beide von diana

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    • Anna-Lena schreibt:

      Jeden Morgen versuche ich, dem Tag auf die Sprünge zu helfen, er schwächelt noch! Aber wir sollten vielleicht ein wenig Geduld haben, das wird vielleicht noch 🙂 .

      Liebe Grüße, auch in Brunis namen, Anna-Lena

      Gefällt 2 Personen

  8. Helga/Rheinland schreibt:

    Gönnen wir der Natur ihren Winterschlaf, liebe Anna-Lena!
    Nur noch ein paar Wochen und der Frühling ist da!
    Ohne den Winter wäre unsere Freude nur halb so groß! 🙂
    Ich schicke Grüße!
    Helga

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    • Anna-Lena schreibt:

      Es soll ja nur ein wenig heller und freundlicher sein, dann wäre ich zufrieden. Und weniger nass, in unserem Umkreis stehen so viele Felder unter Dauerwasser … 😦 .

      Ich schicke liebe Grüße zurück zu dir!

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  9. Susanne und Peter schreibt:

    Wir schicken Euch mal den frischen Nordwind vorbei, er vertreibt die Wolken und die graue Stimmung. Liebe Grüße

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  10. ernstblumenstein schreibt:

    Tja, beide können es ausgezeichnet, da kriege ich grad Komplexe… 🙂

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  11. meinesichtderwelt schreibt:

    Bei uns war heut ein strahlend-schöner Tag, Sonnenschein, blauer Himmel – dürfte ich arbeitend durchs Fenster beobachten. Wobei: ich bin heute früh aufs Land ausgebüchst und durfte mich auf der Fahrt über 17 weiße Reiher freuen, da geht das Winterfad-Herz groß und größer auf – ganz liebe Grüße, schönes Wochenende und markier/blockier mal den 9.3. spätnachmittags im Kalender, ich werde dieses Mal ICE fahren, sollte also nix dazwischenkommen 😉

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  12. alltagschrott.ch schreibt:

    Ihr seid beide wunderbar ❄️🍀❄️🍀❄️🍀
    Herzlich. Priska

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  13. www.wortbehagen.de schreibt:

    Dein Text ist sooo gut, liebe Anna-Lena und spricht mir total aus dem Herzen und dann entdeckte ich plötzlich meine eigenen Worte und ich war ganz perplex und hab mich total gefreut.

    Heute ist endlich mal ein Morgen mit Sonne, nachdem der Nebel sich verzogen hat. Ich hoffe, sie bleibt mal für heute und ist nicht am Mittag schon wieder müde.

    Liebe Grüße Dir zum Wochenende von Bruni

    Gefällt 1 Person

  14. www.wortbehagen.de schreibt:

    Es hat leider nicht so ganz geklappt, liebe Anna-Lena *g*. Aber was solls, wir haben es probiert…

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  15. www.kunstlyrikhermann.wordpress.com schreibt:

    Also Mädels denkt positiv – die Tage des Winters sind schon angezählt.
    Mit sonnigen Grüßen,
    Michael

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  16. freiedenkerin schreibt:

    Es kommt doch immer darauf an, wie man den Tag sieht, oder nicht? 😉 Und auch wenn er sich äußerlich scheinbar ohne Schönheit präsentiert, so ist doch unter seiner Oberfläche viel Licht und viel Freude verborgen. Das zu sehen liegt aber an uns, und nicht am jeweiligen grauen Wintertag – denn die Schönheit liegt ja bekanntlich stets im Auge des Betrachters. 😉

    Gefällt 1 Person

    • Anna-Lena schreibt:

      Es ist manchmal eine Kunst, die Schönheit unter der Oberfläche zu finden, wenn die wie ein zäher Klumpen auf der Seele lastet … Aber grundsätzlich hast du recht 🙂 .

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