Veronika Peters: Was in zwei Koffer paßt – Klosterjahre

Erlebtes

Wir alle haben unsere eigene Geschichte.
Es gibt Menschen, die schreiben ihr Leben für andere auf. Andere wiederum behalten ihr Erleben für sich. Es gibt Menschen, die interessieren sich für das Leben anderer – oder auch nicht.

Der folgende Roman war gut zu lesen, unterhaltsam, aber er hatte doch einige Schwächen.
Ich habe ihn mit drei Sternen bewertet

Veronika Peters: Was in zwei Koffer paßt – Klosterjahre

Mein heutiger Lesetipp

Mit einundzwanzig Jahren entschließt sich Veronika bei Benediktinerinnen in Bayern einzutreten. Von ihrer Familie hat sie sich bereits mit fünfzehn Jahren getrennt. Das Verhältnis zur Mutter war problematisch und verfolgt sie auch noch als Erwachsene, der Vater war Alkoholiker. Veronika schlägt sich alleine durch und hat bis zu ihrem Eintritt mit schwer erziehbaren Jugendlichen gearbeitet.

Nach einer langen Ausbildungszeit im Postulat und Noviziat erlebt Veronika, dass es nicht selbstverständlich ist, zur Einkleidung und zu den Gelübden seitens der Mitschwestern zugelassen zu werden. Aber sie hat Fürsprecherinnen unter den Konventschwestern und so verbringt sie  insgesamt etwa zwölf Jahre in diesem Kloster. Als die Äbtissin ihr die Aufgabe zuteilt, den Klosterladen zu modernisieren und  zu führen, bricht das auf, was Veronika sich nie vorher eingestanden hat: die Frage, ob sie wirklich dauerhaft ins Kloster passt.

Der Roman hat durchaus einen großen Unterhaltungswert. Dank eines Glossars am Buchende kann jeder verschiedene Begriffe, die es nur in der Klostersprache gibt, nachschlagen und verstehen. Es ist eine eigene Welt mit eigenen Begriffen.

Veronika ist eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Sie ist durchaus liebenswert, zeigt  aber auch – vielleicht durch ihren familiären Hintergrund wenig Bereitschaft, sich mit dem Wesentlichen eines Lebens in einem Orden  auseinander zu setzen. Daher fehlt dem Roman genau der Tiefgang, der den Leser verstehen lässt, warum eine junge und hübsche Frau plötzlich den Wunsch verspürt, ins Kloster zu gehen und sich Zeit ihres Lebens daran zu binden. Veronika scheint immer irgendwie auf dem Sprung zu sein. Das Klosterleben an sich wie auch die Grundzüge des Glaubens reflektiert sie kaum, obwohl ihr Wunsch, ihrem Leben einen tieferen Sinn zu geben, durchaus glaubhaft ist.

In ihrem Zimmer hängt sie beim Eintritt das Kreuz ab und packt es in ihre Schreibtischschublade, sie weigert sich zur Beichte zu gehen und genießt religiöse Rituale. Selbst ein Theologiestudium, das ihr die Äbtissin ermöglicht, ist nicht das, was sie an die Grundsätze des Glaubens binden kann.

Dass Veronika für das Leben einer Ordenschwester letztendlich nicht geeignet ist, zeigt sich letztendlich deutlich in ihrer Tätigkeit als Geschäftsfrau im Klosterladen, deren Privilegien sie durchaus für sich zu nutzen weiß und das ihr bedeutender wird als ihr Leben als Ordensschwester.  Hier lernt sie einen jungen verheirateten Mann kennen und verlässt das Kloster, um mit ihm in Berlin ein neues Leben anzufangen.

Der Leser bekommt generell einen kleinen Einblick in die doch eigene Welt einer Klostergemeinschaft, in der ganz normale Menschen mit Schwächen und Stärken leben. Veronika wird von vielen Schwestern geliebt und gibt diese Sympathie auch zurück, aber einige stehen ihr auch skeptisch gegenüber, vielleicht weil sie rechtzeitig gespürt haben, dass Veronikas Zeit im Kloster begrenzt ist. Man hat ihr seitens der Gemeinschaft sehr viele Brücken gebaut und Chancen aufgezeigt, ihren Weg zu festigen.

Veronika fehlen letztendlich die elementare Bereitschaft und auch die Reife, sich ganz in den Dienst ihrer Gemeinschaft zu stellen und sie zu respektieren.  Sie verlässt das Kloster, ohne sich zu verabschieden oder zu erklären und erwähnt auch nicht, wie ihr Leben weiter verläuft. Zwölf Jahre in einem Kloster sind eine lange Zeit und nicht ein mehrwöchiger Ferienaufenthalt. Trotz allem bietet dieser Roman einen Blick hinter die Klostermauern in eine Welt, die nur wenige kennen. Das Lesen dieses Buches vermittelt einen klaren Eindruck, dass auch hinter Klostermauern ‚Menschen wie Du und Ich’ leben.

© G. Bessen 12/2016

was_in_zwei_koffer_passtErschienen im September 2008 im Goldmann-Verlag
255 Seiten, Taschenbuch,
ISBN: 978-3-442-15511-8
€ 8,95

Weitere Bücher von Veronika Peters findet man auf ihrer Homepage: http://www.veronika-peters.com/

 

 

 

Zu diesem Buch:

https://www.welt.de/vermischtes/article774572/Die-Schwester-ohne-Orden.html

 

Über Anna-Lena

Lehrerin im Un-Ruhestand, mit vielen Hobbys, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Ich lese viel, schreibe gern selber und fotografiere, was mir vor die Linse kommt.
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31 Antworten zu Veronika Peters: Was in zwei Koffer paßt – Klosterjahre

  1. Sarah schreibt:

    guten Morgen,danke für den Vorschlag
    lieb Grüße Sarah

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  2. Dagmar schreibt:

    Danke für die wieder einmal sehr interessante Buchvorstellung. Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Dagmar

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  3. Ralph schreibt:

    Ein schönes Buch und vor allem wunderbar gelesen, damals in der Abtei Neuburg (Heidelberg) von einem Mönch während der Speisung.
    https://www.lyrik-klinge.de/category/federschwung/achilles-verse/prosa/reisebericht/kloster-neuburg/

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    • Anna-Lena schreibt:

      Gibt es da nicht eher spirituelle Lesungen? 😉

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      • ralphonsius schreibt:

        Hallo Anna-Lena, es ist lange her, da ich in jener Abtei war. Es hat sich dort viel geändert: die Klosterbrüder sind älter geworden, einiges wurde zur Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Einnahmen verpachtet, es gibt Seminare und ja, auch der damalige Abt ist mittlerweile gestorben. Spirituelle Lesungen können durchaus möglich sein.

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        • Anna-Lena schreibt:

          So ist es in allen Orden, die um ihre Existenz kämpfen müssen, denn die Ordensleute werden älter, der Nachwuchs bleibt aus und die Klöster müssen ja irgendwie gehalten werden. Viele wenden sich mehr nach außen (endlich!) und bieten Urlaub im Kloster oder direkt Exerzitien an. Das scheint ein Weg in die richtige Richtung zu sein, denn solche Angebote werden zunehmend in unserer leistungsorientierten und stressigen Zeit angenommen.

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          • ralphonsius schreibt:

            Da hast Du Recht. Wenn es dann auch nicht zu sehr Richtung Säkularisierung geht, dann finde ich diesen Dienst der Klöster an den Menschen durchaus sinnvoll.

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            • Anna-Lena schreibt:

              Ich finde es ganz wichtig, dass Klöster sich öffnen und sich auch ein wenig der Zeit anpassen. Trotzdem sollen sie das bleiben, was sie sind – Klöster. Die Amtskirche scheint den Schritt in die heutige Zeit ja immer noch zu verschlafen.

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  4. Pingback: Klosterimpressionen 2007 | Lyrik-Klinge

  5. Christiane schreibt:

    Wie interessant. Danke dafür!
    Liebe Grüße
    Christiane

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  6. Frau Momo schreibt:

    Ich habe einen Aufnahmestopp für neue Bücher verhängt 🙂 Ich komme einfach nicht mehr hinterher.

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  7. Ariana schreibt:

    Klingt interessant, das Buch merke ich mir vor. ☺

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  8. Brigitte schreibt:

    Das scheint mir doch ziemlich interessant. Da muss ich gucken, ob ich das Buch in meiner Bücherei finden kann.

    Lieben Gruß, Brigitte

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  9. Brigitte schreibt:

    Ha, ich hab’s gefunden und gleich vorbestellt. Bekomme nächste Woche.

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    • Anna-Lena schreibt:

      Prima! Ich bin gespannt, wie es dir gefallen wird.

      Herzlichen Gruß
      Anna-Lena

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      • cosmea49 schreibt:

        Mittlerweile habe ich es längst gelesen. Vor allem deshalb, weil ich ein Jahrzehnt eine Klosterschule besucht habe und sehen wollte, ob sich einige Eindrücke im Nachhinein bestätigen würden. Zudem wollte ich mal sehen, was ich noch nicht wusste.
        Barbara’s Kommentar habe ich gelesen. Und ich weiß, dass sie sicher mehr weiß.
        Zurückkommend zum Buch: Die erste Hälfte fand ich etwas überlang geschildert, die 2. Hälfte etwas zu sehr gerafft. Trotzdem, ich neige nicht zu ständigem Nörgeln, fand aber auch deine Beschreibung gut, ansonsten weiß ich nun ein wenig mehr. Also danke nochmals für die Beschreibung.

        Schönes Wochenende und lieben Gruß, Brigitte

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        • Anna-Lena schreibt:

          Genau aus dem Grunde habe ich es auch gelesen und eine mir befreundete Ordenschwester meinte nur, sie hätte sich gewundert, dass man sie so lange in dem Orden gelassen hat.
          Aber manche Wege sind nun mal kurvenreich 🙂 .

          Auch euch ein schönes Wochenende,
          Anna-Lena

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  10. bmh schreibt:

    Was an dem Buch interessant ist, ist Deine Beschreibung, liebe Anna-Lena 🙂

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  11. jeannettepaterakis schreibt:

    Das hat mir sehr gut gefallen.Danke ❤ vielmals ❤ .Ich wünsche Dir eine fabelhafte Woche ❤

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