Flaschenpost (2)

Liebste Conchetta,

wenn ich heute vom Fischen zurück bin, werde ich dich leise  und zärtlich wecken und das Frühstück mit dir im Bett genießen. Ich lasse dich nie wieder los. In nur einer Woche sind wir verheiratet und nichts kann uns mehr trennen.

Dein Juan

„Ist das romantisch“, flüsterte Melanie, nachdem Sebastian ihr den Text laut vorgelesen hatte.

„So etwas hast du mir noch nie geschrieben.“ Sie seufzte leise, schon wieder gefesselt vom Schauspiel der untergehenden Sonne.

„Erstens bin ich kein Fischer und zweitens haben wir kein Meer vor der Haustür“,  entgegnete Sebastian etwas überrascht. „Und meine SMS, die ich dir jeden Morgen schicke, wenn ich in der Schule angekommen bin, zählen die etwa nicht? Das ist doch die modernere Variante.“ Er gab seinen Worten zur Verstärkung einen etwas beleidigten Touch..

„Doch – natürlich. Aber…“ Melanie stockte, „Conchetta hat diese romantische  Nachricht nie erhalten. Wer weiß, wie lange die Flasche schon unterwegs ist? Gefunden haben wir sie doch.“

Ratlos betrachtete Sebastian die Flasche, die vom Aussehen her schon eine Weile im Meer getrieben haben musste  und warf sie beim Weitergehen  in den nächsten Mülleimer.  Den Zettel steckte er in die hintere Gesäßtasche seiner weißen Jeans.

Zwei Abende später machten sie wieder Station bei Maria. Sie briet den frischesten  und leckersten Fisch in der ganzen Umgebung. Hier konnte man Stunden lang sitzen, gemütlich essen und die Zeit vergessen. Aller Schulstress war bereits von Melanie und Sebastian abgefallen. Und während in der Heimat die Schneestürme vor sich hin tobten, konnten sie bei wolkenlosem Himmel und warmen Temperaturen gemütlich am Strand liegen und abends mit Blick aufs Meer draußen sitzen.

„Schade, dass wir nicht länger bleiben können, es ist so schön hier“, seufzte Melanie aus tiefstem Herzen.

„In den Osterferien sind wir wieder hier“, warf Sebastian geduldig ein. Melanie hatte ihm aus dem Herzen gesprochen und im Stillen hatte er in den letzten Tagen darüber nachgedacht, wie es denn wäre, für immer hier zu leben. Vielleicht gab es in Puerto de la Cruz oder im Orotavatal eine deutsche Schule, die gerade zwei Lehrkräfte  suchte.

Sebastian griff nach seiner Geldbörse in der Gesäßtasche und zog versehentlich den kleinen Zettel aus der Flasche mit heraus. Die Flaschenpost fiel ihm wieder ein. Er reichte Maria den Zettel, nachdem er bezahlt hatte.

„Schau mal, Maria, hast du schon mal so eine Botschaft von Pedro bekommen, wenn er zum Fischen hinaus gefahren ist?“

Maria setzte sich, griff nach  ihrer randlosen Lesebrille,  schob sie in die richtige Position und betrachtete den kleinen, halb zerknüllten Zettel genauer. Sie erstarrte.  Alle Farbe war ihr aus ihrem  Gesicht gewichen.

Fortsetzung folgt…

Über Anna-Lena

Lehrerin im Un-Ruhestand, mit vielen Hobbys, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Ich lese viel, schreibe gern selber und fotografiere, was mir vor die Linse kommt.
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22 Antworten zu Flaschenpost (2)

  1. Himmelhoch schreibt:

    Ha, ich bin die erste, weil ich zufällig 20 Uhr einen Kommentar bei dir hinterlassen wollte. A propos Fisch. Bei mir hat die kesse Möwe Jonathan auch etwas mit Fisch im Schilde.

    Es wird immer spannender!
    Danke von Christine

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  2. Jouir la vie schreibt:

    Moderne Variante, mei, wie einfallslos sind doch die Herren der Schöpfung geworden. Melanie sollte mal in sich kehren, denn sie hat ja eine romantische Ader. Freue mich auf die Fortsetzung…
    Sei lieb gegrüßt
    Kvelli

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  3. Anna-Lena schreibt:

    Liebe Christine, lieber Kvelli,

    Donnerstag Abend,
    gleiche Stelle,
    gleiche Welle…

    Liebe Grüße und eine gute Nacht,
    Anna-Lena 😉

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  4. rundumkiel schreibt:

    Wann kommt denn der 3. Teil… die Geschichte ist klasse… Was weiß Maria???

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  5. Eva :) schreibt:

    Oh, freu, schon 2. Teil, freu mich schon auf den nächsten.

    Spannend!!!

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  6. Violine schreibt:

    Du machst es aber spannend!

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  7. Elfe schreibt:

    Liebe Anna-Lena

    Wie spannend und schön geschrieben! Jetzt war ich auch gerade ein wenig am Meeresstrand und habe den Wellen gelauscht, wen auch nur in Gedanken, hat gut getan -:)

    Bei uns hat letzte Nacht ein Regensturm fast allen Schnee weggefegt, war das eine angenehme Überraschung!
    Herzliche Grüsse
    Elfe

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  8. Brigitte schreibt:

    Ich freu mich auch schon auf den dritten Teil, du machst es ja wirklich spannend 😉

    Liebe Grüsse
    Brigitte

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  9. Follygirl schreibt:

    Ach Mensch…das grenzt ja an Folter…
    Liebe Grüße, Petra

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  10. Karl schreibt:

    ich ahne es 🙂
    ungeduldig warte ich
    Liebe Grüße,
    Karl

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  11. Elisabeth schreibt:

    Liebe Anna-Lena,
    wann gibt es die Fortsetzung??? Hach, bin ich gespannt… und kann es kaum erwarten… und träume vom Meer und von einer Flaschenpost…
    Herzliche Grüße, Elisabeth

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  12. Quer schreibt:

    Oh, oh, das scheint ja eine unerwartete und heikle Wende zu nehmen…

    Gruss, Brigitte

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  13. rosadora schreibt:

    das ist ja wie im fernsehen – wenns spannend wird, hörts einfach auf…
    was ist denn nun mit dem zettel, liebe anna-lena?

    eine neugierige
    rosadora

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  14. Anna-Lena schreibt:

    @all:

    Der dritte Teil (und das ist nicht der letzte) erscheint heute Abend ;-).
    Gut Ding will Weile haben :-).

    Liebe Grüße in euren Tag,
    Anna-Lena

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  15. Brigitte schreibt:

    Ach, wie spannend! Ich könnte jetzt gerade weiter erzählen. Die Pause steigert die Spannung!

    Lieben Gruss, Brigitte

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  16. april schreibt:

    Du machst es sehr spannend und ich habe schon eine (ungute) Ahnung.

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  17. giocanda schreibt:

    Liebe anna-Lena –
    bitte weiter !!!

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  18. Babsi schreibt:

    liebe anna-lena

    toll deine geschichte :))) das ist ja echt spannend nun!!!

    glg babsi

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  19. Lilie schreibt:

    Ui, da bin ich aber gespannt, was Maria mit der Flaschenpost zu tun hat …

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  20. bruni kantz schreibt:

    jetzt wirds spannend, also schnell zu Teil 3

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  21. Elke (nordstar) schreibt:

    oh hoffentlich ist es nicht so wie
    ich befürchte.

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